Testament: Kann ein Rechtshänder mit der linken Hand ein wirksames Testament errichten?

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Bekanntlich schreibt das deutsche Erbrecht in § 2247 BGB eindeutig fest, welche Formvorschriften an ein wirksam errichtetes Testament zu stellen sind. Neben Ort und Datum der Errichtung muss die Unterschrift den Vor- und Zunamen des Testamentsverfassers. Allseits bekannt dürfte auch sein, dass wirksame Testamente gem. der Formvorschriften § 2247 Abs. 1 BGB, eigenhändig geschrieben sein müssen. Wie verhält es sich jedoch, wenn der Errichter des Testaments mit seiner eigentlichen Schreibhand nicht mehr schreiben kann? Kann eine Person, deren Schreibhand, z.B. aufgrund einer Erkrankung gelähmt oder eingeschränkt ist, und deshalb den letzten Willen mit der anderen Hand niederschreibt, ein wirksames Testament errichten?

Man kann – so jedenfalls die Ansicht des OLG Köln in einem Urteil aus dem Sommer 2017.

Anlass für diesen Rechtsstreit gab ein Testament eines im Alter von 62 Jahren verstorbenen und an Lungenkrebs erkrankten Mannes. Die schwere Erkrankung des Mannes führte dazu, dass die rechte Hand des Mannes, seine Schreibhand, gelähmt war. Trotz allem verfasste der Mann ein Testament, welches anstatt seiner Geschwister seine Nachbarn zu Erben einsetzt. Um diesen letzten Willen zu Papier zu bringen, nutzte der Mann seine noch intakte linke Hand, obwohl er Rechtshänder gewesen war.

Die aufgrund des neues Testaments enterbten Geschwister bezweifelten die Wirksamkeit des Testaments. Sie stützten sich darauf, dass das mit der linken Hand geschriebene Testament viel zu leserlich geschrieben sei und zogen die Echtheit des Dokuments in Zweifel.

Das zuständige OLG Köln sah dies anders und führte aus, dass es durchaus häufiger vorkomme, dass Rechtshänder durchaus leserliche Schriftstücke anfertigen, ohne auf die dominante Hand, die eigentliche Schreibhand, zu benutzen. Diese grundsätzliche Auffassung des Gerichts wurde schließlich durch ein Schriftgutachten und mehrere Zeugenaussagen bestätigt.

Das Gericht kam schließlich zu dem Ergebnis, dass das Testament wirksam errichtet und damit die nun zu Erben eingesetzten Nachbarn den Testamentsverfasser beerben.

Zweites Testament aufgetaucht

Doch dies war noch nicht das Ende dieses etwas kuriosen Falls. Zwischenzeitlich war durch einen Unbekannten beim zuständigen Nachlassgericht ein weiteres Testament abgegeben worden, welches die Geschwister als Erben vorsah. Auch hier konnte ein Schriftgutachten zur Klärung des Falles beitragen. Ein Gutachten kam bei dem zweiten vorliegenden Testament zu dem Ergebnis, dass es sich zweifellos um eine Fälschung handelte – der Einfallsreichtum der Geschwister zahlte sich letztlich nicht aus.

Fazit

Was auf den ersten Blick nach einen Ausschnitt aus einem Krimi klingt, kommt in der Praxis häufiger vor, als man glauben würde. Gerade wenn es um große Vermögen geht oder Existenzen von einer Erbschaft abhängen, kennt der Einfallsreichtum mitunter keine Grenzen. Bei Zweifeln kann sich daher die Überprüfung eines bereits eröffnetem Testament durchaus auszahlen.