Das Berliner Testament und die Scheidung

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Das Berliner Testament und die Scheidung

Dass eine Scheidung weitreichende Folgen und Veränderungen im unmittelbaren Alltag der Beteiligten mit sich bringt, ist den Betroffenen in der Regel bestens bekannt. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens wird regelmäßig das Hauptaugenmerk auf die Auseinandersetzung des Haushalts, Verkauf einer gemeinsam angeschafften Immobilie oder auch Sorge- und Umgangsrecht für gemeinsame Kinder gerichtet. Doch was ist, wenn die Ehegatten während ihrer Ehe ein gemeinsames Testament errichtet haben?

Um einander abzusichern errichten viele Ehepaare ein Ehegattentestament, das sog. Berliner Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben des Erstverstorbenen einsetzen. Solange die Ehe Bestand hat, kann dies oftmals eine sinnvolle Absicherung des überlebenden Ehegatten darstellen. Was viele nämlich nicht bedenken: das deutsche Erbrecht sieht bei gesetzlicher Erbfolge vor, dass der Ehegatte die Hälfte des Nachlasses erbt, wobei die andere Hälfte den Kindern, bzw. sofern keine vorhanden, den Eltern des Erblassers zufällt.

Doch was geschieht mit diesem Ehegattentestament, wenn die Ehe zerbricht?

Die Vorschriften des BGB sehen deutlich vor, dass das Ehegattenerbrecht erlischt, wenn der Erblasser selbst einen Scheidungsantrag gestellt hat und dieser rechtshängig ist bzw. wenn der Erblasser dem Scheidungsantrag seines Ehegatten zugestimmt hat.

Grundsätzlich gilt also, dass das Berliner Testament seine Wirkung verliert, wenn die Voraussetzungen zur Scheidung vorliegen.

Dem aufmerksamen Leser ist sicherlich nicht entgangen, dass es von diesem Grundsatz auch Ausnahmen geben kann. Ein Streit um eine derartige Ausnahme war kürzlich Gegenstand eines Verfahrens vor dem OLG Oldenburg.

Was war geschehen?

Trotz bereits laufenden Scheidungsverfahrens und einer Trennungszeit von drei Jahren wagten die Beteiligten dieses Verfahrens den Versuch, ihre Ehe doch noch zu retten. Sie begaben sich in eine Mediation, um auszuloten, ob sich die Beteiligten doch noch eine gemeinsame Zukunft vorstellen können. Noch bevor die Mediation abgeschlossen werden konnte, verstarb der Ehemann unerwartet. Während der Trennungszeit hatte der Ehegatte bereits ein weiteres, alleiniges Testament verfasst, was die Adoptivtochter zur Alleinerbin einsetzte.

Schließlich stritten sich die Ehefrau und die Adoptivtochter um die Frage, welches Testament im vorliegenden Fall wirksam ist und wer letzten Endes Erbin geworden ist.

Die Argumentation der Ehefrau baute im Wesentlichen darauf auf, dass die Ehegatten unmittelbar vor dem Tod an der Aufrechterhaltung ihrer Ehe arbeiteten, sodass nach ihrer Auffassung die Voraussetzungen zur Scheidung gar nicht (mehr) vorgelegen hätten.

Diese Argumentation führte in der Sache jedoch nicht zum Erfolg. Trotz der sicherlich besonderen Konstellation in diesem Fall, hielt das Gericht an dem gesetzlich geregelt Grundsatz fest. Nach Auffassung der Richter reichte die laufende Mediation mit noch unbekanntem Ausgang nicht aus, um die bereits erklärte Zustimmung zur Scheidung rückgängig zu machen. Erschwerend hinzu kam die Tatsache, dass die Beteiligten bereits seit mehr als drei Jahren getrennt lebten, sodass auch das Gesetz davon ausgeht, dass die Ehe gescheitert ist.

Auch die Tatsache, dass der Erblasser bereits ein weiteres Testament errichtet hatte, sprach auch nicht dafür, dass der Erblasser auch im Falle der Scheidung am gemeinsamen Testament mit seiner Ehefrau festhalten wollte.

Zusammengefasst kam das Gericht also zu dem Ergebnis, dass das Berliner Testament seine Wirkung verloren hat und die Adoptivtochter ausweislich des neuen Testaments zur Alleinerbin eingesetzt wurde.

Fazit

Dieser Fall zeigt einmal mehr die starke Verzahnung des Familienrechts mit dem Erbrecht. Sowohl bei der Errichtung des Testaments, als auch im Rahmen des Scheidungsverfahrens ist daher von dem beratenden Anwalt die Möglichkeit einer Scheidung in Betracht zu ziehen bzw. ein Ausblick auf die erbrechtliche Seite geboten.