Das Umgangsrecht und das Corona-Virus

Familienrecht - Rechtsanwalt Wack - Mandelbachtal / Saarbrücken

Das derzeit kursierende Corona-Virus (Covid-19) hält die Welt in Atem und legt zunehmend das gesamte Land lahm. Schulen und Kitas sind geschlossen und auch das übrige öffentliche Leben kommt nahezu vollständig zum Erliegen. Die aktuelle Situation verlangt der gesamten Gesellschaft einiges ab, wobei Alleinerziehende sicherlich im besonderen Maße betroffen sind. Dies dürfte auch im Hinblick auf Umgangskontakte der Kinder mit dem anderen Elternteil gelten. Immer häufiger sind Umgangskontakte zwischen Eltern und Kindern Gegenstand von Beratungen, sodass ich an dieser Stelle gerne einige Fragen aufgreifen und erläutern möchte.

1. Hat eine bereits vereinbarte Umgangsregelung noch Bestand?

Wie so oft ist diese Frage nicht pauschal für alle Fälle zu beantworten. Sofern der betreuende Elternteil oder gar das Kind am Corona-Virus erkrankt ist, sollten – auch zum Schutz des umgangsberechtigten Elternteils- Umgangskontakte für eine gewisse Zeit ausgesetzt werden. Dies deckt sich auch mit den allgemeinen Handlungsempfehlungen der Bundesregierung. Entsprechendes dürfte auch gelten, sofern der umgangsberechtigte Elternteil oder eine Person aus dem direkten Umfeld dieses Elternteils am Virus erkrankt sind. Anders dürfte die Situation zu beurteilen sein, sofern sowohl der betreuende Elternteil, das Kind und auch der umgangsberechtigte Elternteil keine Symptome aufweisen und gesund sind. In dieser Fallkonstellation besteht meines Erachtens kein Grund dafür, eine bestehende Umgangsregelung über Bord zu werfen. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen Schulen und Kitas geschlossen werden und das tägliche Leben der Kinder genauso eingeschränkt und auf den Kopf gestellt wird wie das der Eltern, erscheint es im Hinblick auf das Kindeswohl sinnvoll, eine bereits gelebte Umgangsregelung aufrecht zu erhalten, um dem Kind diese Konstante zu lassen. Stark einzelfallabhängig dürften Konstellationen zu beurteilen sein, in denen entweder die beteiligten Eltern oder das Kind einer oder mehrerer Risikogruppe angehören. Hier sind die bestehenden Risiken gründlich abzuwägen. Idealerweise finden Eltern eine Lösung, die für alle Beteiligten eine zufriedenstellende Lösung bringt. Sollten Umgangskontakte ausfallen, sollten die Eltern untereinander Alternativtermine kommunizieren und vereinbaren und den Ausfall so gut es geht kompensieren, z.B. durch häufige (Video-) Telefonate des Umgangsberechtigten mit dem Kind.

2. Wie sollen sich Eltern verhalten, wenn sie befürchten, dass ein Elternteil die aktuellen Empfehlungen zu Hygiene und sozialen Kontakte ignoriert?

Sofern Grund zu der Annahme besteht, dass sich ein Elternteil über aktuelle Empfehlungen hinsichtlich Hygienemaßnahmen und Meidung sozialer Kontakte hinwegsetzt, ist zunächst einmal an den gesunden Menschenverstand zu appellieren. Wir befinden uns momentan in einer bundesweiten Ausnahmesituation, die allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern die Einhaltung gewisser Regeln abverlangt. Möglicherweise kann ein sachlich und in ruhigem Ton geführtes Gespräch hier bereits Abhilfe schaffen. Ist dies nicht der Fall, so ist dennoch davon abzuraten, das Corona-Virus für eigene Interessen auszunutzen und das Virus zum Anlass zu nehmen, Umgangskontakte des anderen Elternteils zu vereiteln bzw. zu erzwingen. Zunächst einmal sollten sich alle Beteiligten daran erinnern, dass in jedem Fall das Wohl des Kindes im Mittelpunkt steht. Missbräuchliches Verhalten eines Elternteils in einer derartigen Situation stellt meines Erachtens ein falsches und im Ergebnis auch fragwürdiges Verhalten dar, das sich in keinem Fall positiv auf die Beurteilung der Erziehungsfähigkeit auswirken dürfte.

3. Welche Möglichkeiten gibt es, wenn keine einvernehmliche Regelung gefunden werden kann?

Auch in Zeiten des Corona-Virus steht selbstverständlich der Weg zu den Gerichten offen. Zu beachten ist jedoch, dass auch der Betrieb bei Gericht an vielen Gerichten des Landes auf absolute Notbesetzung heruntergefahren wurde. Trotz des im Familienrecht geltenden Beschleunigungsgebots gem. § 155 FamFG ist in jeden Fall mit einer längeren Verfahrensdauer zu rechnen. Der Vollständigkeit halber sei jedoch erwähnt, dass der Gerichtsbetrieb derzeit regional sehr unterschiedlich organisiert ist. Aufgrund der dynamischen Situation kann sich dies auch stündlich verändern.

Fazit

Unterm Strich ist festzuhalten, dass die aktuelle Situation mit ihren Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft auch eine Belastungsprobe für Eltern darstellt, die getrennt leben und eine irgendwie geartete Umgangsregelung leben. Sofern es das persönliche Verhältnis zwischen den Eltern zulässt, sollte in diesen schweren Zeiten zunächst einmal die Sorgen und Ängste der beteiligten Personen Ernst genommen werden und mit Blick auf das Kindeswohl eine gemeinsame Lösung gesucht und gefunden werden. Sollte trotz aller Bemühungen keine einvernehmliche Lösung zu erzielen sein, kann es sinnvoll sein, Hilfe von außen in Anspruch zu nehmen. Je nach Situation und Vorgeschichte der Familie kann dies das Jugendamt, eine Erziehungsberatungsstelle oder auch ein Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin Ihres Vertrauens sein.